Als sich Halldór Laxness 1955 in Stockholm aufhielt, um den Nobelpreis für Literatur entgegenzunehmen, erhielt er erwartungsgemäß eine Flut von Glückwunschtelegrammen. Später erzählte er, wie er sich während des Garderobenwechsels für einen der Galaempfänge in der Stadt von einem Begleiter daraus vorlesen ließ.
"Alle möglichen Stützen der Gesellschaft und der Kultur in Gestalt von Vereinen und Stiftungen hatten etwas geschickt, hochgestellte Persönlichkeiten und völlig Unbekannte gratulierten, und natürlich fehlte auch nicht die Unzahl von Freunden, Freundesfreunden und losen Bekannten, die ein Reisender über eine lange Zeit in vielen Ländern aufsammelt", berichtete Laxness.
Er wollte sichergehen, daß er niemanden übersah, dem er sofort einen Dankesgruß schicken mußte. Mitten im Vorlesen unterbrach er seinen Begleiter und bat ihn, das Letzte noch einmal zu wiederholen. "Es war ein herzlicher Glückwunsch von der Gesellschaft der Kanalarbeiter im schwedischen Sundsvall", erklärte Laxness und fuhr fort: "Es war angenehm, sich mit denen, die städtisches Flair in der Welt verbreiten, freundlich verbunden zu fühlen, mit berühmten Kollegen und Meistern, nationalen und internationalen Kulturstiftungen und nicht zuletzt mit Königshäusern und Banken. Aber was kann das Herz mehr rühren, als sich als Ursache dafür zu sehen, daß Männer, die tief in den Eingeweiden der Erde über die Abflußrohre gebeugt stehen und versuchen, die Abwässer der Zivilisation zum Abfließen zu bringen, sich plötzlich aufrichten, aus ihren Schächten in die Tristesse eines dunklen Wintertages in Sundsvall aufsteigen, um ein Hurra auf die Literatur auszubringen? Wir kamen zu dem Ergebnis, wenn es irgend jemanden gäbe, der noch an diesem Festabend ein bescheidenes Dankeschön verdiente, dann waren es eben diese Männer. Und so wurde nur ein einziges Telegramm abgeschickt: An die Kanalarbeitervereinigung in Sundsvall."
Diese Anekdote beleuchtet hervorragend Laxness Grundeinstellung im Leben. Niemals vergaß er, wo seine Wurzeln lagen: Beim einfachen Volk, von dem er in seinen Büchern stets mit Hochachtung schrieb. In seiner Nobelpreisrede fragte er sich unter anderem: "Was bedeuten einem Dichter Ruhm und Erfolg?" Und er antwortete: "Natürlich das Glücksgefühl nach der zähen, mühevollen Arbeit. Doch wenn ein isländischer Dichter seine Ursprünge in den Tiefen des Volkes vergißt, in denen die Geschichte lebt, wenn er die Verbindung zum und seine Verpflichtung gegenüber diesem eingeschränkten Leben verliert, das in meinem Denken stets in Ehren zu halten mich meine alte Großmutter gelehrt hat, dann ist der Ruhm nicht viel wert, und das Gleiche gilt für den Glückslohn, der in Geld bemessen wird."